Die italienischen Tourismusministerin Santaché beklagte sich im Dezember
des vergangenen Jahres bitterlich, dass die besten Hotelfachschulen der Welt nicht
in Italien sondern in der Schweiz die Elite der Hotellerie ausbilden. Sie meinte, dass die Schweiz wohl die beste Schokolade herstelle, dass aber die beste Empfangskultur Italien gehöre.
Warum auch nicht, aber ohne «Fleiss kein Preis».
Und gerade hier hat die kleine Schweiz bereits beim Aufkommen des Welt-Tourismus im vorletzten Jahrhundert -rund ab 1870- gerade in Italien viel erreicht und Massstäbe gesetzt. Die grossen Schweizer Hoteliers Franz Josef Bucher, Alberto Hassler, Gerardo Kraft und Cesar Ritz eröffneten und führten in Rom, Catania, Firenze, Torino, Sestri Ponente und Bellagio Grand-Hotels die zu den Weltbesten gehörten und viel zu einer exquisiten Gastfreundschaft im «Bel Paese» beitragen haben.
Wie der Hotel König Cesar Ritz, sind auch Alexander und Catharina Seiler Oberwalliser aus dem Goms. Beide waren im Hotelgewerbe Autodidakten, doch lernten sie schnell, wie man Gäste aus der weiten Welt zufrieden stellt. Bereits 1853 pachteten sie die einzige Herberge in Zermatt mit 12 Betten, denn sie hatten den internationalen touristischen Wert des verschlafenen Bergdorfes unter dem Matterhorn erkannt. Sie beobachteten und achteten die Wünsche der Touristen und bauten ihr Angebot Schritt um Schritt aus. Natürlich informierten sie sich über die Geheimnisse der Hotelführung und der modernen Standards. Bereits 1895 konnten sie 1200 Betten in eigenen oder gepachteten Hotels in Zermatt und am Rhonegletscher anbieten. Sie engagierten sich für den Bau von Telegrafenleitungen und der Eisenbahn nach Zermatt: Sie wussten, dass sich der Tourismus und die Wirtschaft nur mit guten Infrastrukturen entwickeln kann.
Das Geheimnis des ihres Erfolges waren die perfekten Dienstleistungen im Zimmer, Küche und Keller. Zu den Gästen pflegten sie eine ehrliche Freundschaft. Heute nennt sich dies «Kundenbindung», aber oft ist sie nicht mehr als ein blutleeres Schlagwort im elektronischen Kontakt mit den Gästen.
Die Verlagsreihe «Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik» hat ein seinen neusten Band dem Hotelpionier Ehepaar Seiler gewidmet und zwar unter dem Titel: «Von einfachen Herbergen zu stilvollen Grand-Hotels in Zermatt und Gletsch». Autoren sind Stephan Seiler, ein Urenkel von Alexander Seiler, der auf bisher unveröffentlichte Dokumente zurückgreifen konnte und der bekannte Prof. Joseph Jung, der die landesweite Bedeutung der Seilers in den wirtschaftsgeschichtlichen Kontext einordnet. Es entstand dabei eine interessante und sehr lesenswerte Biografie.
Buchhinweis
Stephan Seiler: «Alexander und Catharina Seiler. Von einfachen Herbergen zu stilvollen Grand Hotels in Zermatt und Gletsch», mit einer Einleitung von Joseph Jung, Schweizer Pioniere der Wirtschaft und Technik, Band 122, hrsg. vom Verein für wirtschaftshistorische Studien, Zürich 2024.
168 Seiten, 90 Bilder, 2 Graphiken, Stammbaum 33 Franken
Bestellung: https://pioniere.ch/produkt/band-122
Walter Finkbohner